Ausverkaufte Kurse für Schwimmanfänger spiegeln Bedarf

SPD Fraktion vor Ort: Schwimmunterricht darf nichts kosten.

Es hatte keine 24 Stunden gedauert, da waren die Plätze in den vier Schwimmanfängerkursen, die die Stadtwerke Oberursel in den Sommerferien im Freibad anbieten, vergeben. Kurze Zeit später gab es auch in den Kursen für Kinder, die bereits das Seepferdchen-Abzeichen haben, eine Warteliste. Diesen Run auf Schwimmunterricht nahm die SPD Oberursel zum Anlass, sich in der vergangenen Woche vor Ort über die Kurse sowie zu Frei- und Hallenbad zu informieren.

„Die Nachfrage nach Schwimmunterricht ist durch die Pandemie noch größer geworden“, so die Erklärung des Betriebsleiters Achtzehn auf Anfrage der Stadtverordneten Doris Mauczok und Elenor Pospiech. Die Nachfrage sei schon immer hoch gewesen, doch nachdem es über ein Jahr keinen Schwimmunterricht gegeben habe, sei nun die Warteliste noch länger. Die fünf Schwimmmeister und die beiden Auszubildenden der Stadtwerke bieten daher in den Ferien insgesamt zehn Kurse an: Vier Anfängerkurse, die mit dem Seepferdchen abschließen, vier Angebote, die zum Bronze-Abzeichen führen und zwei, in dem die Kinder das Silberne Abzeichen erwerben können.

Vor der Pandemie fanden die Kurse im Hallenbad statt. Corona hat die Stadtwerke ins Freibad ausweichen lassen. Bei ihrem Besuch trafen die SPD-Fraktionsmitglieder auf motivierte Seepferdchen-Anwärter, die Jüngsten gerade einmal sechs Jahre alt. Die Situation im Freibad sei – so Achtzehn – herausfordernd für die Kinder. Die zwölf Mädchen und Jungen sind trotz Wind und Wetter, wenig sommerlichen Temperaturen und kleinen hopsenden Wellen mit großer Begeisterung dabei. Begleitet werden sie von zwei engagierten Schwimmmeisterinnen, eine im Wasser, die Kollegin am Beckenrand. Am Besuchstag der SPD-Fraktion feierten gleich drei Kinder ihre ersten Erfolge nach acht Tagen Schwimmkurs: Sie legten die 25 Meter Strecke, die für das Abzeichen bewältigt werden müssen, ohne Unterstützung ab.

Das Stadtwerke-Team hat die Kurse den Bedingungen angepasst: Damit niemandem kalt wird, wechseln sich Übungs- mit Bewegungseinheiten ab. In der Pause versorgen die Betreuerinnen die Kinder mit heißem Tee, warme Decken stehen zum Aufwärmen zur Verfügung. Den Eltern wurde geraten, die Kinder mit Neoprenanzügen auszustatten.

Die Zehnerkarte für den Eintritt ins Bad 22,50€, Kursgebühr 120 Euro und wärmenden Neoprenschwimmausrüstung etwa 50 Euro, das sind in Summe fast 200 Euro. „Das ist bei einem Durchschnittseinkommen eine Größe, die sich viele Familien nicht leisten können. Und was erst, wenn es noch Geschwisterkinder gibt“, findet die Fraktionsvorsitzende der SPD, Elenor Pospiech. „Was wir von den Schwimmmeisterinnen gehört haben, reicht der Anfängerkurs mit dem Seepferdchen als Abschluss eigentlich nicht aus, um sicher schwimmen zu können.“

In der dritten Klasse findet üblicherweise das Fach Schwimmen statt. Für die Grundschüler ist das auch über ein Jahr lang ausgefallen. „Wir sind mit den Schulen im Gespräch, aber wie das weitergeht, ist und bleibt erst einmal offen.“ Fakt ist, dass Schwimmunterricht notwendiger sei denn je. „Früher waren es ein oder zwei Kinder der dritten Klassen, die nicht schwimmen konnten, heute kann teilweise die Hälfte der Klasse nicht richtig schwimmen“, so die Erfahrung von Achtzehn.

Zwar können sich anspruchsberechtigte Familien im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder die Kosten für die Kursgebühr und Ausrüstungsgegenstände vom Landratsamt ganz oder teilweise erstatten lassen.  „Es darf keinesfalls eine Frage des Einkommens sein, ob Kinder Schwimmen lernen“, betont Doris Mauczok. Die steigende Zahl der Badeunfälle zeige, dass es für alle Menschen wichtig ist, schwimmen zu können. Für die Sozialpolitikerin ist das zu kurz gegriffen: „Schwimmen schützt vor dem Ertrinken, das ist richtig und wichtig. Doch das ist nur ein Grund, warum Schwimmen zu können wichtig ist: Schwimmen ist soziale Teilhabe. Und Integration findet auch über Sport statt.“

Für Doris Mauczok bleibt damit weiterhin offen, wie die Unterrichts-Lücke, die durch Corona noch größer geworden ist, gefüllt werden kann. „Immerhin haben wir über alle Fraktionen hinweg in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass der Magistrat mit den Stadtwerken, dem Schwimmclub und der DLRG im Winterhalbjahr ein ausgeweitetes Kursangebot ermöglichen soll.“ Der Beschluss umfasse auch die Prüfung, inwieweit Kosten von Bund/Land übernommen werden können oder es Zuschüsse dafür geben kann.

Bis Mitte September ist das Freibad noch geöffnet. Ob das Hallenbad dann öffnen darf und wie es nach den Sommerferien weitergeht, das ist für Betriebsleiter Achtzehn noch offen. Ende August wird die Landesregierung ihre Corona-Regeln aktualisieren. „Wir arbeiten an unterschiedlichen Plänen, damit wir möglichst schnell reagieren können.“