SPD Oberursel wünscht sich ein Rathausareal als gesellschaftlichen Mittelpunkt und mehr bezahlbaren Wohnraum

„Zurück zu den Wurzeln der SPD und die Marke stärken“, das forderte der neue Vorsitzende der SPD-Südhessen Kaweh Mansoori, der sich auf der Mitgliederversammlung der SPD Oberursel am vergangenen Freitag vorstellte. Die Oberurseler Sozialdemokraten setzten sich an dem Abend außerdem mit dem geplanten Rathausneubau und den Plänen der Stadt Frankfurt, östlich und westlich der A5 neue Stadtviertel zu bauen, auseinander. Auch wurde Stadträtin Silke Welteke verabschiedet und eine Nachfolgerin für sie bestimmt.
Die SPD will sich erneuern und dafür steht im Bezirk Südhessen der 31-jährige Rechtsanwalt Kaweh Mansoori, der im Ehrenamt die Geschicke des Bezirks leitet. Er freute sich, in Oberursel auch dem neuen Mitglied Ajay Ulrich Brar das SPD-Parteibuch persönlich überreichen zu können.
Für Mansoori bedeutet Erneuerung, nach vorne zu schauen, das Profil der traditionsreichen SPD zu schärfen und sich damit von den Mitbewerbern abzugrenzen. So stehe die SPD für die Solidarität und fordere deshalb eine solidarische Nachhaltigkeit, denn „Klimaschutz muss sozial sein und es muss auch beispielsweise bezahlbare Alternativen zum Auto geben, um die Mobilität im ländlichen Raum zu sichern!“ Zum anderen gehe es um eine gerechtere Lastenverteilung. Vermögende sollten deshalb einen größeren Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten.

„Die Kraft kommt aus den Kommunen“
Mit Blick auf die Kommunalwahl im Frühjahr 2021 erklärt Mansoori, dass die SPD die Kommunalpolitiker vor Ort unterstützen wolle. Denn, so Mansoori, „die Kraft kommt aus den Kommunen – auch wenn es schwierig wird, gegen den Bundestrend erfolgreich zu sein.“
In der engagierten Diskussion mit den Mitgliedern kam das Thema auch auf den aktuellen Mitgliederentscheid zur Wahl des Parteivorsitzenden. „Der Erneuerungsprozess hängt nicht vom neuen Duo ab, sondern von guten Inhalten.“ Mansoori, der bekannte, eigentlich gegen die große Koalition gestimmt zu haben, gestand aber deren Erfolge ein: „Die große Koalition hat gut gearbeitet.“ Und es gebe weiterhin noch viel zu tun, um die Bundesrepublik zu einem modernen Sozialstaat zu entwickeln. Als Beispiele nannte Mansoori die Kindergrundsicherung und die Abschaffung der anlasslosen Befristung von Arbeitsverhältnissen.

Arbeitsgruppen mit Zulauf
Da die SPD-Vorsitzende Antje Runge erkrankt war, führten ihre Stellvertreterinnen Doris Mauczok und Elenor Pospiech durch die Versammlung. Doris Mauczok stellte den Mitgliedern die Ergebnisse der drei öffentlichen Arbeitsgemeinschaften zu den Bereichen Umwelt und Mobilität, Bauen und Wohnen sowie Soziales vor.
Der SPD gehe es um einen verbesserten Personennahverkehr und gute Fahrradkonzepte, um bezahlbaren Wohnraum und neue Wohnkonzepte, Kinderbetreuung und Generationengerechtigkeit. „Wir haben es immerhin geschafft, dass rund 300 der 1000 Wohnungen, die in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurden, für kleine und mittlere Einkommen erschwinglich sind,“ führt Mauczok aus. Die AGs würden sehr gut angenommen und der Strategiegruppe zuarbeiten, die im neuen Jahr die Kommunalwahl vorbereiten werde. Für 2020 kündigte Doris Mauczok auch eine Veranstaltung zum Thema Bauen und Wohnen an.

Diskussionen über das Rathausareal
Das Thema „Bauen“ stand mit zwei großen Themen auf der weiteren Tagesordnung. Bürgermeister Hans-Georg Brum berichtete über die Pläne zum Rathausneubau. Eine überfraktionelle Arbeitsgruppe erarbeite in Workshops entsprechende Pläne. Das Rathaus sei bekanntlich stark sanierungsbedürftig. Diesen Handlungsbedarf wolle man nutzen, um den gesamten Bereich um das Gebäude neu zu denken und ein Konzept zu entwickeln, damit die Innenstadt auch zukünftig ein attraktiver, lebendiger Mittelpunkt mit hoher Aufenthaltsqualität bleiben könne.
Neben zeitgemäßen Büros für die über 250 Mitarbeiter der Stadtverwaltung könnte in einem der angedachten Nachbargebäude die Stadtbücherei als Mediathek untergebracht werden, erweitert um ein öffentliches Bistro und Multifunktionsräume, die als Sitzungsaal und Veranstaltungsräume sowohl den Stadtverordneten als auch Vereinen zur Verfügung stehen könnten. Wohnungen sollen an der Oberhöchstadter Straße entstehen, eine Bank oder vielleicht Arztpraxen oder anderes Gewerbe in das Konzept integriert werden. Entsprechend müssten neue Tiefgaragenplätze entstehen. Der Urselbach, der fast unbemerkt an Rathaus und Stadthalle vorbeifließt, wird in der Planung als grüne Aufenthaltszone aufgewertet.
Elenor Pospiech ergänzte, dass sich der SPD-Vorstand vor allem dafür einsetzen werde, dass das Areal für alle Altersgruppen als gesellschaftlicher Treffpunkt zu unterschiedlichen Nutzungszeiten attraktiv werde und Vereine weiterhin kostenfrei die Räumlichkeiten nutzen könnten. „Kultur und Gesellschaft gehören in die Stadtmitte und dürfen nicht an den Stadtrand verdrängt werden“, betonte Pospiech.
Basierend auf der Beschlusslage der Stadtverordnetenversammlung solle auch das Thema „Bezahlbarer Wohnraum“ Berücksichtigung finden und die Stadthalle in das Konzept mit einbezogen werden. Der Platz zwischen den Gebäuden solle – so der Vorstand – barrierefrei und begrünt sein und durch Sitz- und Spielmöglichkeiten zum Aufhalten einladen. Teile des städtischen Grundstückes sollten möglichst in Erbpacht vergeben werden. „Damit könnten die städtischen Grundstücke in kommunaler Hand bleiben“, ergänzte Doris Mauczok.
Bürgermeister Brum und Michael Maag, Geschäftsführer des BSO, wiesen auf die engen finanziellen Spielräume hin, die durch andere Großprojekte wie den Neubau des Gefahrenabwehrzentrums, die Modernisierung der Kläranlage und des Wertstoffhofes entstehen. Beide plädierten dafür, „realistisch“ zu bleiben. „Uns ist klar, dass es dieses Spannungsverhältnis zwischen hoher Lebensqualität und knappen Kassen gibt“, erwiderte Elenor Pospiech. Doch die Position des Vorstands sei klar: Das Rathausareal als Mittelpunkt städtischen Lebens sei so wichtig, dass nicht einfach nur der höchste Verkaufswert ausschlaggebend sein könne.

Die gefühlte Stadtgrenze liegt an der Autobahn
Kontrovers diskutiert wurde auch die Position der Oberurseler SPD zur sogenannten „Josefstadt“, der vom Frankfurter Baudezernenten Mike Josef geplanten Bebauung östlich und westlich der Autobahn 5. Vorstandsmitglied Wolfgang Burchard präsentierte den Mitgliedern die gemeinsame Position von Vorstand und Fraktion. Ein neuer Stadtteil östlich der A5 auf Frankfurter Gemarkung müsse wegen des Siedlungsdrucks möglich sein – zumal 70 Prozent der Grundstücke bereits der Stadt Frankfurt gehörten. „Dort soll vor allem bezahlbarer Wohnraum entstehen, und das entlastet auch den Oberurseler Wohnungsmarkt“, erklärte Burchard. An dieser Stelle vertrete man eine differenzierte Position als die Bürgerinitiative „Heimatboden“.
Ein neuer Stadtteil westlich der A5 aber, also im Weißkirchener Feld, sei abzulehnen, so Wolfgang Burchard. Ein Abstand zwischen Frankfurt und Oberursel sei aus Gründen der Identität Oberursels, der Frischluft und der Naherholung unverzichtbar.
Elke Barth, wohnungspolitische Sprechern der SPD-Landtagsfraktion, setzte hier tendenziell andere Akzente: Sie trete auch gegen einen „Siedlungsbrei“ und für „Frischluftschneisen“ ein, konnte sich aber trotzdem für den Regionalverband ein „zweigleisiges Verfahren“ vorstellen, bei dem mal erst einmal den Teil östlich der A5 plant und in einem zeitlichen Abstand überprüft, ob der Siedlungsdruck überhaupt eine Beplanung der Frankfurter Gemarkungen westlich der A5 nötig mache. Ähnlich argumentierte auch Kreisbeigeordnete Katrin Hechler, die die Notwendigkeit des Wohnungsbaus betonte.
Der Abend endete mit der Verabschiedung von Silke Welteke, die zum Jahresende ihre politischen Ämter aufgibt. Die Mitglieder wählten mit nur zwei Gegenstimmen Elenor Pospiech, um sie den Stadtverordneten für den offenen Magistratsposten vorzuschlagen. Die Volkswirtin bringt aus ihren Tätigkeiten als Wirtschaftsjournalistin und Geschäftsbereichsleiterin in der Medienbranche Finanz- und Wirtschaftskompetenz mit und ist seit vielen Jahren politische aktiv.