„1,5 Grad höhere Temperatur. Das bedeutet, in den deutschen Alpen gibt es keinen Gletscher mehr,“ Michael Müller wählte deutliche Worte in seinem Impulsvortrag beim Neujahrsempfang der SPD Oberursel. Michael Müller weiß, wovon er spricht. Der Bundesvorsitzende der Naturfreunde Deutschlands war lange Jahre auch umweltpolitischer Sprecher der SPD, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag, parlamentarischer Staatssekretär und Sprecher der Klima Enquete des Deutschen Bundestages.
Zum Thema Stadtökologie schlug Müller einen großen Bogen, wohl auch um die Größe und Bedeutung des lokalen Themas zu verdeutlichen. “Wir müssen die Erde nach vorne bestimmen“, meint Müller und verdeutlicht seine Forderung mit dem, was Nobelpreisträger Paul Crutzen in einer Veröffentlichung 2002 das „Anthropozän“ nannte: Seit nahezu 300 Jahren verändere der Mensch entscheidend seine natürliche Umwelt. „Und das tut er global und nicht mehr nur lokal.“ Die Veränderungen hätten besonders starke Auswirkungen seit den 1950er Jahren. Da beginne die Plastikflut, der Betonbau, die Chemiesierung, Gewinnung von Massenenergie und nicht zuletzt, da habe erstmalig ein Nachweis von menschgemachtem radio-aktiven Fallout stattgefunden.
Und der ökologische Fußabdruck der Menschen ist messbar und groß. „Die Menschheit nutzt die Erde, als hätten sie 1,7 davon. Ab August leben wir von der Substanz“, führt Müller aus. Deutschland allein verbrauche 4,6 Erden. „Ich kann nur sagen, die Belastbarkeit ist längst überschritten.“ Das habe weitreichende Auswirkungen. Für Michael Müller zieht die ökologische Frage auch die Friedensfrage nach sich. Flucht sei eine direkte Folge von Klimaveränderungen und Ökologie.
Dabei ist Müller nicht ohne Hoffnung. Die Menschen könnten die Veränderungen, die sie ausgelöst hätten, als einzige auch wieder in andere Bahnen lenken. Wenn die Menschen die Herausforderung nicht offensiv annähmen, weite sich die Krise aus und stärke unter anderem den Nationalismus. „Für mich bedeutet das, wir müssen die Fortschrittsidee der SPD mit sozialen und ökologischen Ideen in den Mittelpunkt stellen.“
Die Städte des 21. Jahrhunderts stünden dabei im Mittelpunkt. Nur dort könnten die ökologischen und sozialen Fragen beantwortet werden. Derzeit lebten 4 Milliarden Menschen in großen Städten. Bis zum Jahr 2080 würden es aller Wahrscheinlichkeit nach 6,5 Milliarden und damit der überwiegende Anteil der Weltbevölkerung sein. „Was wir für eine Umkehr benötigen, das ist eine neue soziale Identität und die Dekarbonisierung, also weniger CO2-Ausstoß. Wir müssen die Abfallberge reduzieren und die Mobilitätsfrage lösen!“, schreibt der SPD-Politiker seinen Genossen ins Pflichtenheft.
Müller sieht für die Stadtentwicklung drei Szenarien: Zum einen, die Metropolen, die nicht mehr regierbar sind, zum anderen Städte ohne Eigenschaften, die austauschbar geworden sind. Die dritte Option, für die er wirbt, ist eine Stadt, die von ihren Bürgern gestaltet wird und nachhaltig, ökologisch sowie demokratisch und daher lebenswert ist.
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