SPD Oberursel feierte ihr 125jähriges Jubiläum

„Wir haben viel erreicht und müssen noch viel tun.“ (Franz Müntefering)

Mit einer Feierstunde beging die SPD Oberursel am Samstag, dem 14. November, das Jubiläum zu ihrem 125jährigen Bestehen. Als Festredner kam der frühere Parteivorsitzende, Vizekanzler und Minister Franz Müntefering nach Oberursel.

SPD-Vorsitzender Matthias Fuchs konnte weit über 90 Gäste und Parteimitglieder im historischen Hieronymi-Saal des Rathauses begrüßen. Als Gastredner hatten die Genossen den früheren Parteivorsitzenden, Vizekanzler und Minister Franz Müntefering gewinnen können. Er kam, sprach und zog sofort alle Zuhörer in seinen Bann. Auch wenn Müntefering jetzt keine bundespolitischen Ämter mehr bekleidet, sondern als Elder Statesman auftritt, hat er doch nichts von seinem Charisma und seiner Spannkraft verloren.

Eröffnet wurde die Feierstunde vom Mag‘schen Männerchor aus Bommersheim, der mit 20 Sängern auftrat. Der Chor trug drei bekannte Lieder der Freiheitsbewegung des 19. Jahrhunderts vor. Danach begrüßte Matthias Fuchs die Ehrengäste aus der Politik, darunter MdB Dr. Hans-Joachim Schabedoth, Bürgermeister Hans-Georg Brum, Ersten Stadtrat Christof Fink, Stadtkämmerer Thorsten Schorr, Eva-Maria Kuntsche als stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin, den SPD-Unterbezirksvorsitzenden Dr. Stephan Wetzel, den früheren Kreistagsvorsitzenden Manfred Gönsch, und alle anderen, die gekommen waren, um das Jubiläum der Oberurseler SPD gebührend zu feiern.

Nach einer Gedenkminute für den verstorbenen ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und für die Opfer der Pariser Anschläge am Vortag ging der Parteivorsitzende in einer kurzen Rede auf die vergangenen 125 Jahre der Oberurseler SPD ein. Fuchs betonte darin auch, dass es zwei Sozialdemokraten, nämlich Karlheinz Pfaff und Hans-Georg Brum geschafft haben, anerkannte Bürgermeister der Stadt zu werden. Auch der SPD-Mann Heinrich Geibel sei nicht zu vergessen, der letzte Bürgermeister der damals selbstständigen Gemeinde Stierstadt.

Anschließend sprach Franz Müntefering, präzise, redegewandt und unterhaltsam zugleich. Er gab einen Abriss der Geschichte der SPD seit 1875 bis heute und würdigte den Einsatz der SPD für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität sowie beeindruckende Persönlichkeiten wie August Bebel, den Begründer der deutschen Sozialdemokratie, Marie Juchacz, die 1919 als erste Frau im Reichstag sprach und später die Arbeiterwohlfahrt gründete, und Otto Wels, der 1933 mit der SPD-Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte und den Nationalsozialisten die Stirn bot. Viele Sozialdemokraten hätten nach 1933 Asyl in den Nachbarstaaten, auch in der Türkei, und den USA gefunden. Auch darin gründe heute die Verpflichtung, möglichst vielen Hilfe suchenden Flüchtlingen zu helfen. Müntefering würdigte auch die Leistungen der Nachkriegssozialdemokraten und speziell die Willy Brandts, der in seiner Kanzlerschaft für einen Demokratisierungsschub gesorgt und mit der Entspannungspolitik einen entscheidenden Grundstein für die spätere Einheit Deutschlands gelegt habe. Natürlich ging Müntefering auch auf die aktuellen Probleme wie die Finanzkrisen, asymmetrische Kriege und den Terrorismus ein. „Wir müssen an dem festhalten, was die tiefe Überzeugung sozialdemokratischer Politik ist“, riet er seinen Genossinnen und Genossen. „Wir müssen den Fortschritt wollen!“ Das heiße für ihn auch, Europa nicht aufzugeben und in der Politik auf kleinkarierte Parteipolitik zu verzichten. „Wir werden nicht für den Wahlkampf gewählt, sondern dafür, dass wir gute Politik machen“, schrieb er seinen politischen Nachfolgern ins Stammbuch.

Nach Münteferings Rede, die mit viel Beifall bedacht wurde, hielt der hiesige Bundestagsabgeordnete Dr. Hans-Joachim Schabedoth die Laudatio für Gerda Hoffmann, die seit 70 Jahren der SPD angehört. Er beleuchtete den Werdegang der gelernten Bankkauffrau aus sozialdemokratischem Hause. Gewerkschafterin, Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, Mitarbeiterin der Oberurseler Wohnungsbaugenossenschaft, Stadtverordnete, ehrenamtliche Stadträtin und Trägerin verschiedener Auszeichnungen – all das verkörpert die 87jährige, die nach wie vor sehr interessiert die politischen Entwicklungen in ihrer Heimatstadt und darüber hinaus verfolgt. So oft sie kann, nimmt sie auch an den Mitgliederversammlungen der SPD teil. Bevor sie die Ehrenurkunde aus den Händen von Matthias Fuchs erhielt, plauderte Gerda Hoffmann noch „aus dem Nähkästchen“ ihrer politischen Arbeit, ganz geübte Rednerin wie ehedem. Mit warmem Beifall wurde sie mit ihrem Laudator von der Bühne verabschiedet.

Den Abschluss übernahm Walter Breinl, „vormals SCO-Folk“, wie er sich angekündigt wissen wollte. Der Schulleiter der IGS in Stierstadt, der mit Tochter und Sohn auftrat, sang zu Ehren unserer Nachbarnation, die gerade von den Attentaten in Paris betroffen war, zunächst ein Chanson in französischer Sprache, danach „klassische“ sozialdemokratische Arbeiterlieder wie „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘“. Auch er wurde mit viel Beifall bedacht.

Optisch umrahmt wurden die Veranstaltung und der Saal mit vielen roten Fahnen und einer Ausstellung von historischen Bildern, Zeitungsartikeln, Mitgliederlisten und Plakaten aus den 125 Jahren SPD Oberursel, die mit viel Interesse begutachtet wurde.
Mit einem gemütlichen Beisammensein bei Kaffee und Kuchen und einer Diashow ging die nach Ansicht vieler Besucherinnen und Besucher rundum gelungene Feier zu Ende.