SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Eggert Winter zum Haushaltsentwurf 2015

Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Eggert Winter zum Entwurf des Haushalts 2015 in der Stadtverordnetenversammlung am 20. November 2014
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren!

Wir gehören zu den Abundanten.

Das ist nicht die Bezeichnung für Schiffbrüchige, für die Infizierten eines neuen Virus oder eine galaktische Spezies.

So nennt der hessische Finanzminister Schäfer Kommunen, deren Steuerkraft ihren Finanzbedarf übersteigen, bei denen also das Geld aus der Gemeindekasse förmlich überschwappt.

Zu diesen Abundanten sollen auch wir gehören.

Oberursel soll deshalb ab 2016 in eine neue Solidaritätsumlage einzahlen. Das sind 25% der sog. abundanten Steuerkraft, die auf die finanzschwachen Kommunen verteilt werden sollen. Die Umlage sei so austariert, dass „den Abundanten immer noch ausreichende Finanzmittel verbleiben“.

Ja, uns wird sogar eine „krisenfeste Mindestausstattung“ versprochen, weshalb „kein Grund zur Sorge bestehe, Kommunen müssten bei den freiwilligen Aufgaben in den Bereichen Sport, Kultur, Umwelt und Naturschutz ihre Leistungen reduzieren“.

Der Herr Finanzminister hat gut reden. Wer´s glaubt, wird selig.

Nach den Plänen der schwarz-grünen Regierung soll Oberursel ab 2016 3,9 Mio € zusätzlich in den Kommunalen Finanzausgleich einzahlen.
2016, das ist das Jahr, in dem der Haushalt von Oberursel nach unserem Haushaltssicherungskonzept erstmals nach 2009 an sich eine schwarze Null schreiben soll. Und zwar nach den Sparanstrengungen der letzten Jahre erkauft mit einer geplanten Erhöhung der Grundsteuer B von 450 auf 625 Punkte.

Mit der schwarzen Null wird es dann wohl nix.

Damit aber nicht genug. Zugleich verlangt der Innenminister, also der Kommunalminister, dass spätestens 2017 alle hessischen Kommunen ausgeglichene Haushalte vorlegen müssen.

Wie soll das gehen, wenn der vorliegende Haushaltsentwurf für 2015 noch ein Defizit von rd. 4 Mio € ausweist und 2016 weitere 3,9 Mio € Belastungen hinzukommen sollen?

Wenn wir – wie der Finanzminister sagt – keine Sorgen haben sollen, dass wir bei den freiwilligen Leistungen im Bereich Kultur, Sport und Umwelt nicht reduzieren müssen, dann sollte er uns schon sagen, wie das gehen soll?

Nein, meine Damen und Herren, er kann es uns nicht sagen und er weiß es auch nicht.

Dieser KFA-Vorschlag torpediert und bestraft die Bemühungen der Stadt, die sich in den vergangenen Jahren bemüht hat, durch erhebliche Konsolidierungsbemühungen Einsparungen zu erzielen und durch eine intensive Standortpolitik Einnahmeverbesserungen zu erzielen.

Deshalb können wir den Stadtkämmerer Schorr nur dringend auffordern, bei seinen Parteifreunden im Finanz- und Innenministerium in Wiesbaden vorstellig zu werden, um diese die kommunale Selbstverwaltungsgarantie vollends zerbröselnde Politik zu korrigieren.

Wenn wir hören, wir seien abundant, fragen wir uns: Was haben wir denn im Überfluss? Was bleibt uns von der Steuerkraft?

Alle Steuereinnahmen zusammen sind für 2015 auf 79,2 Mio € angesetzt.

Davon gehen für Umlagen an den Kreis, den Regionalverband, den RMV etc. gleich mal 43,8 Mio € weg. Das sind 55% unserer Steuerkraft.

Oder anders in der Sicht des Ergebnishaushalts: Von Gesamteinnahmen in Höhe von 90,2 Mio € gehen schon mal 43,8 Mio € an Umlagen ab. Es bleiben 46,4 Mio €.
Davon gehen an Personalkosten 20,6 Mio € ab. Bleiben 26 Mio €.
In diesen 26 Mio € sind u.a. enthalten: 9,2 Mio € Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen, 14 Mio € für Aufwendungen für Zuweisungen und Zuschüsse und 4,4 Mio € Abschreibungen.
Am Ende fehlen uns rd. 4 Mio €, um unseren Ergebnishaushalt auszugleichen.

Bei dieser Sachlage mit einem Defizit von rd. 4 Mio € und vorangegangenen heftigen Sparrunden seit 2012 hat sich die SPD-Fraktion mit Anträgen zurückgehalten.

Wir haben drei Anträge mit der entsprechenden Zahl von Deckungsvorschlägen gestellt, von denen wir meinen, dass damit Sachverhalte berücksichtigt werden, die im Haushalt 2015 nicht vorgesehen sind und in 2015 angegangen werden sollten.

Der wichtigste Antrag von einem Volumen von 150.000 €, der zusammen mit den GRÜNEN gestellt wird, betrifft die finanzielle Verbesserung der Tagespflege. Grundlage ist der Bericht des Sozialdezernenten zur Situation der Tagespflege in Oberursel.

Wir meinen, dass dies eine gut begründete und richtige Investition in die Zukunft ist.
Wir sind in Oberursel mit Tagespflegepersonal nach Zahl und Qualität gut ausgestattet. Das könnte sich ändern, wenn wir den Eltern und Tagesmüttern nicht das Signal geben, dass es auch zukünftig in Oberursel eine verlässliche Betreuung durch Tagesmütter geben wird.

Es ist auch eine Investition in die Zukunft, da sie uns davor bewahren kann, bei steigender Nachfrage der Eltern nach U3-Betreuuung weitere Einrichtungen zu bauen und entsprechendes Personal mit entsprechenden hohen Dauerkosten vorzuhalten.

Der zweite Antrag betrifft den Aspekt Pflege der stadteigenen Sportvereinshäuser. Der BSO ist in den vergangenen Jahren hier nicht mit genügend Mitteln ausgestattet worden. Die Folgen zeigen sich mehr und mehr. Aktuell deutlich geworden ist dies in der maroden Sanitäranlage auf dem Sportplatz Stierstädter Heide. Hier soll mit unserem Antrag – und einem gleichlautenden der OBG – Abhilfe geschaffen werden.

Schließlich hat sich in dem feuchten Sommer dieses Jahres gezeigt, dass der BSO mit seiner Personalausstattung nicht hinreichend Kapazitäten hat, um alle Grünflächen so zu pflegen, wie dies gärtnerisch sinnvoll wäre und von vielen Bürgern gewünscht wird. Deshalb schlagen wir vor, Arbeitsspitzen im Grünpflegebereich, die aktuell nicht abgedeckt werden können, durch Vergabe an Dienstleister zu bewältigen.

Einige Bemerkungen zu anderen Anträgen:

Die Kürzungen der letzten Jahre haben Spuren hinterlassen, die nicht alle akzeptiert oder verstanden haben. Das wirkt sich insbesondere beim BSO aus, den der Bürger als werktätige Hand der Stadt vor Ort und der eigenen Haustür erlebt.

Wir sind der Auffassung, dass der BSO gute Arbeit macht und er unsere Unterstützung verdient. Deshalb wenden wir uns gegen neuerdings aufkommende Vorschläge oder Tendenzen bei FDP und OBG, den BSO wieder in die Stadtverwaltung zurück einzugliedern.

Dasselbe gilt für den wiederholten Vorschlag der OBG, die Bauaufsicht an den Kreis abzugeben. Wir sollten froh sein, dass wir zu den wenigen kreisangehörigen Gemeinden in Hessen gehören, die eine eigene Bauaufsicht haben dürfen. Dies ist ein wichtiger Standortfaktor, weil er kurze Wege und zügige Bearbeitung gewährleistet.

Die Gewerbesteuer zu erhöhen, wie die OBG vorschlägt, lehnen wir deutlich ab. In der Konkurrenz der Kommunen im Rhein-Main-Gebiet wäre es außerordentlich schädlich, uns noch weiter von den Steuerdumping-Kommunen zu entfernen.

Auch sollten wir jetzt nicht daran gehen, die Rücklagen der Stadtwerke einzusetzen, wie dies die OBG vorschlägt. Richtig ist, dass ich selbst ähnliche Vorschläge mehrfach in den vergangenen Jahren gemacht habe. Doch vor dem Hintergrund, dass die Stadtwerke der zukünftige Betreiber des Hallenbades sein werden und wir nicht wissen, wie sich die Kostensituation des Hallenbades entwickeln wird, sollten wir vorsichtig bei der Inanspruchnahme der Rücklagen sein.

Zu den Anträgen zur Vereinsförderung einige Worte.

Wir Stadtverordnete haben seinerzeit die Kürzungen der Vereinsförderung beschlossen, teilweise auf Vorschlag des Stadtkämmerers Schorr, teilweise durch Anträge der Stadtverordneten. Wenn hier jetzt nachjustiert wird und in einem vertretbaren Umfang die Arbeit der Vereine erleichtert wird, kann man dem zustimmen, wenn für Deckung andernorts gesorgt ist.

Wo weist uns der Haushalt auf Handlungsbedarf hin?

Das sind u.a. die städtischen Hallen: Stadthalle, Burgwiesenhalle, Taunushalle.
Für die Stadthalle sind 450.000 €, für die Burgwiesenhalle 552.000 € und für die Taunushalle 120.000 € eingestellt.
Die Stadthalle wird auch künftig durch Steuermittel in nennenswertem Umfang unterstützt werden müssen, will man sie behalten. Aber hier bietet sich immerhin die Chance, dass durch eine aktive Bewirtschaftung auch Erträge geliefert werden.
Deshalb sollte jetzt mit Nachdruck ein Bewirtschaftungskonzept vorgelegt und nach einem fähigen Betreiber gesucht werden.

Ebenso muss untersucht werden, welche Möglichkeiten bestehen, die Kostensituation der Burgwiesenhalle zu verbessern. Ebenso brauchen wir für die Taunushalle eine Perspektive.

Kommen wir zum Schluss:

Die Stadt ist insgesamt gut aufgestellt. Sie hat sich in den letzten 11 Jahren hervorragend entwickelt. Das gilt für ihre sozialen und kulturellen Einrichtungen und Initiativen genauso wie für ihre wirtschaftliche Infrastruktur. Das hat sich herumgesprochen und macht den guten Ruf der Stadt im Hessenland aus.

Es wird auch weiter investiert.
Allein 2,6 Mio € sind für den Straßenbau und die Straßenerneuerung vorgesehen.
Auch die privaten Investitionen in Gewerbe- und Wohnungsbau haben das Bild der Stadt – entgegen den bekannten Miesmachern in den Leserbriefspalten und der größten Fraktion – positiv verändert.
Daran sollten wir weiter arbeiten – mit besseren Vorschlägen zur Neuordnung des KFA als das, was jetzt vorgelegt worden ist.